ver.di/DGB nehmen Stellung zu Änderungen der Beamten-Alimentation
Weniger als ein halbes Jahr vor der Landtagswahl NRW möchte die CDU/FDP geführte Landesregierung mit drei Gesetzen Änderungen in der Alimentation der Beamtinnen und Beamten vornehmen.
Mit zwei Gesetzen soll das Ergebnis der Tarifrunde der Länder 2021 zeit- und wirkungsgleich auf die Beamt:innen und Richter:innen übertragen werden.
Durch das Gesetz über die Gewährung einer einmaligen Corona-Sonderzahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie für das Land Nordrhein-Westfalen und zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes erhalten auch die Beamt:innen und Richter:innen eine steuerfreie Netto-Zahlung bis spätestens März 2022. Die Anspruchsgrundlagen und Höhe der Zahlung entsprechen den Regelungen für Tarifbeschäftigte. Notwendig ist ein Dienstverhältnis zum 29.11.2021 und der Anspruch auf mindestens einen Tag Besoldung aus diesem Dienstverhältnis im Zeitraum vom 01.01.2021 bis 29.11.2021. Beamt:innen und Richter:innen in Vollzeit erhalten 1300 Euro netto, Anwärter:innen 650 Euro. Teilzeitbeschäftigte und begrenzt Dienstfähige erhalten die Sonderzahlung im gleichen Verhältnis wie das Verhältnis ihrer Arbeitszeit zur Vollzeitbeschäftigung ist.
Mit dem Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2022 sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften im Land NRW wird die von ver.di in der Tarifrunde durchgesetzte und mit Tarifvertrag vereinbarte Entgeltsteigerung von 2,8% zum 01. Dezember 2022 auf die Beamt:innen, Richter:innen und Anwärter:innen übertragen.
Die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamt:innen und Richter:innen wird von ver.di begrüßt. Frühzeitig hat die Interessenvertretung der Beschäftigten darauf aufmerksam gemacht und die Landesregierung NRW ist dem nachgekommen. ver.di erinnert daran, dass es nun überfällig ist auch die Wochenarbeitszeit der Beamt:innen auf das Niveau der Tarifbeschäftigten zurückzuführen. Zudem ist das gesamte Zulagenwesen in NRW dringend reformbedürftig. Hier hält das Land NRW im Vergleich mit dem Bund und anderen Bundesländern die rote Laterne.
Darüber hinaus sollen nach Plänen der Landesregierung NRW kurzfristig mit dem Gesetz zur Anpassung der Alimentation von Familien sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften die Vorgaben zur Alimentation umgesetzt werden, wie sie sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Berliner Besoldung (2 BvL 4/18) ergeben. Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht Kriterien für eine verfassungsgemäße Besoldung festgelegt. Die Landesregierung möchte diesen nun nachkommen. Deshalb plant sie im Einzelnen, jeweils rückwirkend zum 01.01.2022:
- Die Streichung der ersten beiden Erfahrungsstufen in den Besoldungsgruppen A 5 bis A 10. Beamt:innen in den Erfahrungsstufen 1 und 2 werden gesetzlich in die nächste mit einem Betrag ausgewiesene Erfahrungsstufe übergeleitet; die Laufzeit in der neuen Erfahrungsstufe beginnt von vorn.
- Die Ausweitung der Amtszulage iHv. 81,49 Euro auf alle Beamt:innen der Laufbahngruppe 1, erstes Einstiegsamt (ehemals einfacher Dienst) in der Besoldungsgruppe A 5 und den Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 6
- Die Einführung einer Strukturzulage für Beamt:innen der Laufbahngruppe 1 erstes Einstiegsamt (ehemals einfacher Dienst) in den Besoldungsgruppen A 5 bis A 7 in Höhe von 10,00 Euro und Erhöhung der Strukturzulage für Beamt:innen der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt (ehemals mittlerer Dienst) in den Besoldungsgruppen A 6 bis A 8 auf einheitlich 80 Euro.
- Die Abschaffung der Kostendämpfungspauschale für alle Besoldungsgruppen aller Besoldungsordnungen. Da in den Besoldungsgruppen A 5 und A 6 keine Kostendämpfungspauschale einbehalten wird, soll den Beihilfeberechtigten dieser Besoldungsgruppen zum Ausgleich ein steuerfreier Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe von monatlich 12,50 Euro gezahlt werden.
- Die Neustrukturierung des Familienzuschlags der Stufen 2 und 3 für alle Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen soll zum 01. Dezember 2022 erfolgen. Künftig soll sich die Höhe des Familienzuschlags auch nach der für den jeweiligen Hauptwohnsitz geltenden Mietstufe nach dem Wohngeldgesetz richten. Das Wohngeldgesetz kennt sieben Mietstufen. Mit der Höhe der Mietstufe steigt die Höhe des Familienzuschlags. Für den Zeitraum 01. Januar 2022 bis zum 30. November 2022 soll für die zuvor genannten Anspruchsberechtigten die Mietstufe nach dem Wohngeldgesetz in einer Einmalzahlung mit den Bezügen für den Monat Dezember 2022 zur Auszahlung gebracht werden (sog. regionaler Ergänzungszuschlag).
ver.di und der DGB NRW sehen dieses überhastete Vorgehen der Landesregierung NRW kritisch. Diese hat den Gewerkschaften nur einen sehr kurzen Zeitraum für eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf eingeräumt – nicht mehr als fünf Arbeitstage. In einer solch engen Frist ist eine verlässliche und tragfähige Einschätzung, ob der Gesetzesentwurf tatsächlich dazu geeignet ist, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zur Alimentation zu erfüllen, nicht möglich. Zudem ist die geplante Umsetzung äußerst kleinteilig und systematisch kaum noch nachvollziehbar. Daher kann die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung auch nach diesem Gesetzesentwurf nicht ohne weiteres angenommen werden.
Die Abschaffung der Kostendämpfungspauschale ist zweifelsohne ein gewerkschaftlicher Erfolg. Nun muss die Einführung der pauschalen Beihilfe erfolgen. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass die Landesregierung NRW Beamt:innen in der gesetzlichen Krankenversicherung benachteiligt. Gerade für lebensältere Neuverbeamtete und Neubewerber:innen mit Familie ist die pauschale Beihilfe interessant.
Kritisch wird die Reform des Familienzuschlags bewertet. Es ist richtig auch die vielerorts massiv steigenden Mietpreise in der Höhe der Alimentation zu berücksichtigen. Nicht hilfreich ist es dies nur auf Familien mit Kindern zu beschränken. Ledige, kinderloste oder jüngere Beamt:innen profitieren nicht von der Reform des Familienzuschlags.
Ebenso begrüßen ver.di und der DGB NRW den Wegfall der ersten beiden Erfahrungsstufen in den Besoldungsgruppen A 5 bis A 10. Wünschenswert wäre es, wenn diese nicht ersatzlos entfallen, sondern an das Ende der Laufbahn angefügt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass in einem vergleichsweise geringen Zeitraum alle Erfahrungsstufen durchlaufen werden, ohne dass sich die gestiegene Erfahrung der Kolleg:innen in den der Besoldung niederschlägt.
ver.di und der DGB NRW werden sich in das Gesetzesverfahren weiter einbringen und sich für die Interessen der Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter einsetzen.
Sie möchten als Beschäftigte oder Beschäftigter Ihre Interessen auch in der Dienststelle und gegenüber dem Land NRW aktiv vertreten wissen? Dann stärken Sie, was Sie stärker macht: Werden Sie jetzt Teil der Interessenvertretung der Beschäftigten des Landes NRW - der ver.di!