Digitalisierung

Klaus Vitt: "Es bedarf einer zeitgemäßen Cyber-Sicherheitsarchitektur"

Klaus Vitt: "Es bedarf einer zeitgemäßen Cyber-Sicherheitsarchitektur"

Wie kann Cyber-Sicherheit in der öffentlichen Verwaltung gelingen? Dazu hat das Magazin für Beamtinnen und Beamte Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik befragt. Vitt ist außerdem Vorsitzender des IT-Planungsrates.

Magazin für Beamtinnen und Beamte: Unternehmen und öffentliche Arbeitgeber gehen dazu über, alle Beschäftigten zu schulen. Wie stehen Sie zur Einführung einer gesetzlichen Pflicht, alle Beschäftigten des Bundes bis 1. Januar 2020 an einer IT-Sicherheits-Grundschulung teilnehmen zu lassen, verbunden mit einem Rechtsanspruch der Beschäftigten auf solche Qualifizierungen?

Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik. BPA/Jesco Denzel

Klaus Vitt: In der Bundesverwaltung ist die Qualifizierung der Mitarbeiter Gegenstand diverser beamtenrechtlicher oder tariflicher Regelungen. Diese Vorgaben werden alle auch gelebt. Insbesondere die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung in Brühl leistet hier eine hervorragende Arbeit und bietet im Bereich Cyber-Sicherheit ein zielgruppengerechtes Schulungsangebot, welches von den Beschäftigten gern angenommen wird. Die Praxis zeigt, dass Standardmaßnahmen, Ausbildung und Schulungen bereits einen erheblichen Beitrag zur Stärkung der IT-Sicherheit leisten. Jedoch müssen wir berücksichtigen, vor allem im Hinblick auf den Klein- und Mittelstand und in den Kommunen, dass dies durchaus auch eine erhebliche Kostenbelastung darstellen kann. Daher wäre es meines Erachtens der weiteren Entwicklung zuträglich, wenn die Politik sich auf eine gezielte Förderung der hier in Rede stehenden Qualifizierungen ohne gesetzliche Verpflichtungen verständigen könnte. Dem Prinzip des ausgewogenen Forderns und Förderns würde dies jedenfalls gut entsprechen.

Magazin für Beamtinnen und Beamte: Die Fachkräfte für die Sicherstellung der IT-Sicherheit in der Verwaltung werden absehbar knapp. In der neuen Cyber-Sicherheitsstrategie der Bundesregierung heißt es, dass beim Thema „Cyber-Sicherheit“ „zukünftig private IT-Sicherheitsdienstleister im Bedarfsfall stärker als in anderen Bereichen staatlichen Handelns eingebunden“ werden sollen. Wie sieht Ihr Plan für eine digital handlungs- und abwehrfähige Verwaltung aus?

Klaus Vitt: Die Gewährleistung von Freiheit und Sicherheit zählt zu den Kernaufgaben des Staates. Dies gilt auch im Cyber-Raum. Hierzu bedarf es einer zeitgemäßen Cyber-Sicherheitsarchitektur, die die verschiedenen Akteure auf Bundesebene wirksam verzahnt und daneben die Länder, Kommunen und die Wirtschaft im Blick behält. Wesentlich ist, dass im Bedarfsfall Informationen verteilt werden und die Aufgabenwahrnehmung effizient koordiniert wird. Hierfür bietet das Nationale Cyber-Abwehrzentrum auf Bundesebene bereits die entsprechende Struktur. Wir wollen diese Zusammenarbeit intensivieren und auch die Länder in diese Strukturen stärker einbinden. Für die Wirtschaft wollen wir uns weiter öffnen. In Zeiten des IT-Fachkräftemangels haben Staat und Wirtschaft ein Interesse am gegenseitigen Austausch von IT-Fachwissen und der Bildung von Spezialisten-Netzwerken. Die Bundesregierung wird daher gezielt Möglichkeiten zur Förderung kompetenter und vertrauenswürdiger IT-Sicherheitsdienstleister wahrnehmen. Außerdem wollen wir gemeinsam mit Vertretern der deutschen IT-Sicherheitswirtschaft personelle Austauschprogramme im Cyber-Sicherheitsbereich konzipieren und umsetzen.

Magazin für Beamtinnen und Beamte: Im Juni haben Bund und Länder im IT-Planungsrat den Leitfaden „IT-Personal für die öffentliche Verwaltung gewinnen, binden und entwickeln“ beschlossen. Darin heißt es: „Die am häufigsten genannte Begründung von Kandidaten, die ihre Bewerbung auf IT-Stellen des öffentlichen Dienstes zurückzogen, ist die zu erwartende Entlohnung.“ Sind hier für den Bund gemeinsame Initiativen von Ihnen mit Ihrem für das Dienstrecht zuständigen Kollegen zu erwarten?

Klaus Vitt: Der Bund hat bereits 2005 auf die von Ihnen beschriebene Situation reagiert und übertariflich Maßnahmen zur Gewinnung von IT-Fachkräften eingeführt. Um Schwierigkeiten bei der Gewinnung und Bindung qualifizierten Personals entgegenzuwirken, hat der Bund diese finanziellen Anreiz- und Anerkennungsmöglichkeiten in 2009 weiter ausgebaut. Damit kann für Tarifbeschäftigte eine IT-Fachkräftezulage gezahlt werden. Darüber hinaus können bei neu eingestellten Beschäftigten in den oberen Entgeltgruppen Stufen vorweggewährt werden, auch wenn noch keine oder keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. In der letzten Tarifrunde 2016 wurden zudem mehrere generelle Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Bundes als Arbeitgeber vereinbart. Anfang des Jahres hatten wir größere Stellenausschreibungen für das Bundesministerium des Innern zur Gewinnung von IT-Fachkräften und konnten feststellen, dass unsere Maßnahmen greifen. Wir hatten eine gute Auswahl an geeigneten Bewerbern, vor allem im höheren Dienst. Der Bund wird also auch von IT-Fachkräften als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen, und darauf können wir auch ein bisschen stolz sein.

Erschienen im DGB-Magazin für Beamtinnen und Beamte