Die Phasen eines Mobbing-Prozesses

Ein Konflikt entsteht


Am Anfang eines jeden Mobbing-Prozesses steht ein Konflikt. Daraus muss keinesfalls Mobbing entstehen. Es sind verschiedene Wege denkbar, wie der Konflikt gelöst wird. Vielleicht finden die Beteiligten eine einvernehmliche Lösung oder es entsteht ein Machtkampf, in dem eine Partei gewinnt. Mobbing kann entstehen, wenn der Konflikt nicht lösbar ist, sich aber auch niemand um die Bearbeitung des Konflikts kümmert? Im Laufe der Entwicklung hin zu Mobbing tritt der ursprüngliche Konflikt immer mehr in den Hintergrund. Aus dem sachlichen Konflikt wird eine persönliche Auseinandersetzung.

Der Psychoterror beginnt

Nun ist es die Person des Betroffenen selbst, die zur Zielscheibe wird. Die Beteiligten denken sich Handlungen aus, um ihr zu schaden. Die Kommunikation wird eingestellt, die Arbeit wird ihr erschwert, es werden Gerüchte verbreitet, usw.

In dieser zweiten Phase des Mobbing-Prozesses passieren erschreckende Veränderungen. Innerhalb kurzer Zeit wird aus einer beliebten und geachteten Kollegin eine totale Außenseiterin, mit der niemand etwas zu tun haben will. Auch die Betroffenen verändern sich stark: Sie werden mürrisch, unfreundlich, mißtrauisch, vielleicht sogar pampig oder aggressiv. Andere leiden eher still und wirken den ganzen Tag bedrückt. Diese Reaktionen sind ganz normale Reaktionen, wenn sie direkt nach einem Konflikt auftreten.

Aufgrund des systematischen und über längere Zeit andauernden Mobbings werden diese Verhaltensweisen zu typischen Reaktionen des Betroffenen. Hier tritt bereits die erste und sehr bedeutsame Störung zwischen ihm und seinem sozialen Umfeld ein. Der von Mobbing-Betroffene ist nicht mehr in der Lage, Kontakt zu anderen Menschen in seinem Arbeitsbereich aufzunehmen. Um wieder "normal" zu werden, bräuchte er Sicherheit, soziale Unterstützung und einen Vertrauensvorschuß. Tatsächlich ziehen sich aber auch unbeteiligte Kollegen von ihm zurück, weil er sich durch das Mobbing bereits verändert hat und "anders" wirkt. Am Ende der zweiten Mobbing-Phase sind seine Chancen, allein aus dem Prozeß wieder herauszukommen, schon sehr stark gesunken.

Erste arbeitsrechtliche Maßnahmen beginnen

Auf die Demütigungen und Mobbing-Handlungen am Arbeitsplatz folgen häufig arbeitsrechtliche Maßnahmen des Arbeitgebers. Der von Mobbing-Betroffene ist zu einem Problemmitarbeiter geworden: Er ist häufig unkonzentriert, es unterlaufen ihm Fehler und er hat aufgrund der psychosomatischen Beschwerden zu viele Fehltage. Der Vorgesetzte, auch wenn er bislang neutral war, ist nun gezwungen, zu reagieren. Er wird das aufgetretene Fehlverhalten rügen und im Wiederholungsfall auch abmahnen.

Oft ist der Anlass für Abmahnungen und Versetzungen ein völlig harmloser Vorfall, wie er täglich im Arbeitsleben passiert. Dies ist auch verständlich, denn der Anlass ist tatsächlich nebensächlich: Dem Vorgesetzten und der Personalabteilung geht es ja auch nur darum, in einem "Fall", mit dem sie nicht klarkommen, endlich Fakten zu schaffen, um den Betroffenen loszuwerden.

Die vielen Ungerechtigkeiten, die in dieser Mobbing-Phase geschehen, sind so haarsträubend, daß sie fast unglaubwürdig erscheinen. Schließlich leben wir in einem Rechtsstaat, und auch der Umgang zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist vielfältig rechtlich geregelt. Allerdings ist das Rechtssystem ein starres, auf Normen beruhendes System, und für so schwierige und vielschichtige soziale Problemsituationen wie Mobbing ist eine Klärung durch das Arbeitsrecht nicht zu erwarten. Viele Mobbing-Handlungen sind überhaupt nicht in einem Arbeitsgerichtsprozess ansprechbar, weil sie entweder nicht beweisbar sind oder nicht als Beleidigung oder Verleumdung im Sinne des Strafgesetzbuches gelten.

Die weitere unangenehme Folge für den Betroffenen ist, dass er aufgrund der arbeitsrechtlichen Maßnahmen zu einem "offiziellen" Fall im Betrieb wird. Wer es bis dahin noch nicht gemerkt hat, was los ist, wird spätestens jetzt wissen, dass mit dem Betroffenen "etwas nicht stimmt". Sein beschädigter Ruf verfolgt ihn überall hin. Auch eine Versetzung bedeutet für ihn keinen Neuanfang mehr. Die neuen Kollegen wissen bereits, dass ihnen da jemand "untergeschoben" werden soll, der schwierig ist und über den schon viele Gerüchte im Umlauf sind.

Das Arbeitsverhältnis wird zwangsweise beendet

Fortgeschrittene Mobbing-Fälle enden fast immer mit einem Ausschluss aus dem Arbeitsleben. Entweder kündigen die Betroffenen selbst, weil sie es nicht mehr aushalten, oder sie werden vom Arbeitgeber unter einem Vorwand gekündigt. Andere willigen unter dem grossen Druck in einen Auflösungsvertrag ein.

Teile der Mobbing-Betroffenen leiden unter so starken psychosomatischen Krankheiten, dass sie auf Dauer krankgeschrieben werden und schließlich Erwerbsunfähigkeits-Rente erhalten.

Ein Wiedereinstieg in den Beruf ist für fast alle Betroffenen kaum möglich, weil sie durch den Mobbing-Prozess so stark körperlich und seelisch geschädigt worden sind, dass sie den Belastungen des Arbeitslebens nicht mehr stand halten - ganz abgesehen davon, dass sie mit diesem Ruf in ihrem bisherigen Beruf keine Anstellung mehr bekommen. Denn natürlich telefonieren Personalsachbearbeiter mit dem vorherigen Arbeitgeber, wenn ein Bewerber mit unklaren Zeugnissen oder einem Auflösungsvertrag zu ihnen kommt.

Quelle: DGB

Mobbing-Hotline:

Betroffene können sich Rat und Hilfe von ExpertInnen holen           

Aktuelle Studien gehen von derzeit einer Million Mobbingopfern in Deutschland aus. Dabei ist Mobbing ist nicht nur ein Problem für die Betroffenen. Durch Mobbing am Arbeitsplatz entstehen für unsere Volkswirtschaft geschätzte Kosten von 50 Millionen Euro.

Um den Betroffenen zu helfen, wurde auf Initiative des Arbeitsministeriums mit verschiedenen Partnern im Februar 2002 die MobbingLine NRW gegründet. Unter der Telefonnummer 0211/8371911 können Mobbingopfer, aber auch Führungskräfte und Arbeitgeber, montags bis donnerstags in der Zeit von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr anrufen und erhalten eine qualifizierte Beratung.

Nachrichten:

  • 05.11.2015

    Mobbing: Schadensersatz und Schmerzensgeld

    Mobbing ist in der Arbeitswelt ein großes Thema, das viel diskutiert wird. Wer von einem Vorgesetzten systematisch „fertig gemacht“ wird, kann sich auch vor Gericht dagegen wehren. Welche Ansprüche Betroffene haben und wie sie diese durchsetzen können erklärt der folgende Beitrag.
  • 23.10.2014

    Aggression am Arbeitsplatz

    Wie weit verbreitet sind Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz in Deutschland? Repräsentative Daten fehlen, mehr Problembewusstsein wäre wünschenswert.
  • 23.06.2014

    Erste Hilfe bei Mobbing - Das können Personalräte tun

    Mobbing ist ein ernst zu nehmendes Problem in der deutschen Arbeitswelt, das uns schon viel zu lange beschäftigt. Vom Gesetzgeber im Stich gelassen ist es vor allem der Personalrat, der Mobbingbetroffenen bei Bedarf Erste Hilfe leisten kann.

Folge uns auf Facebook:

ver.di Kampagnen