Kampagne Arbeitszeit ÖD

Warnstreiks erfolgreich – Einigung in der dritten Verhandlungsrunde: …

Tarifrunde TVöD Bund/VKA 2020

Warnstreiks erfolgreich – Einigung in der dritten Verhandlungsrunde: Tarifabschluss in schwierigen Zeiten

Frank Werneke, ver.di-Bundesvorsitzender ver.di Frank Werneke, ver.di-Bundesvorsitzender

Warnstreiks erfolgreich – Einigung in der dritten Verhandlungsrunde

Tarif- und Besoldungsabschluss in schwierigen Zeiten.

Auf Tarif- und Besoldungsauseinandersetzungen in Zeiten der Pandemie hätten wir gerne verzichtet. Aber die Arbeitgeber hatten unser Angebot zur Verschiebung ausgeschlagen und uns mit ihrer harten Haltung in den Konflikt gezwungen.

Respektabler Abschluss und erfolgreiche Abwehr von Angriffen

Ihr habt in den letzten Wochen Großartiges geleistet! Ihr wart deutlich sichtbar: coronagerecht phantasievoll, laut und vor allem entschlossen. Die Warnstreiks haben gewirkt! Wir konnten eine Tarifeinigung erzielen, die unter den gegenwärtigen Bedin­gungen wirklich respektabel ist. Und ein riesen Erfolg ist, dass wir die Angriffe der Arbeitgeber, die die Axt an das Eingruppie­rungssystem legen wollten, abwehren konnten.

Die gegenwärtigen Bedingun­gen waren wahrlich nicht auf unserer Seite. In vielen Bran­chen haben sie Gewerkschaften zu Notlagentarifverträgen, zu Nullrunden oder zur Unterbre­chung von Tarifrunden gezwun­gen. Auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind ganz unterschiedlich von den Folgen der Krise betroffen. Die Arbeit­geber haben versucht, die Situation auszunutzen und uns gegeneinander auszuspielen. Das haben sie nicht geschafft! Wir haben eine Einigung erzielt, die die besondere Situation berücksichtigt und ein Zeichen für Solidarität setzt.

Entgelterhöhungen mit sozialer Komponente, Laufzeit bis Ende 2022

Die Arbeitgeber hatten eine sehr lange Laufzeit bis Ende 2023 gefordert und für die Jahre nur eine Erhöhung der Tabellenentgelte von jeweils 1 Prozent. Hier konnten wir spürbare Verbes­serungen erreichen:

  • Die Tabellenentgelte werden ab dem 1. April 2021 um 1,4 Prozent, mindestens aber 50 Euro,
  • und ab dem 1. April 2022 um 1,8 Prozent steigen,
  • Laufzeit bis 31. Dezember 2022.
  • Der Mindestbetrag in Höhe von 50 Euro bedeutet bis in die Entgeltgruppe 11, Stufe 2 eine Erhöhung, die über 1,4 Prozent liegt.

Es wird eine nach Entgeltgrup­pen gestaffelte Corona­-Prämie geben, die noch dieses Jahr ausgezahlt wird. Sie beträgt (bei Teilzeitbeschäftigung anteilig):

  • 600 Euro für die Entgelt­gruppen 1 bis 8
  • 400 Euro für die Entgelt­gruppen 9 bis 12
  • und 300 Euro für die Entgelt­gruppen 13 bis 15.
  • Die Prämie ist steuer­- und abga­benfrei (= netto), sofern nicht bereits Prämien ausbezahlt wurden und in der Summe 1.500 Euro nicht überschritten werden.

Verbesserungen für Azubis

Auszubildende und Praktikant­* innen erhalten zum 1. April 2021 und 2022 jeweils eine Erhöhung von 25 Euro und für 2020 eine Corona­Prämie von 200 Euro beim Bund. Neben der Verlängerung der Regelung zur Übernahme von Azubis ist es außerdem gelungen, in die Tarifierung der praxisintegrierten Studiengänge einzusteigen. Zeitnah sollen Verhandlungen aufgenommen werden.

Verbesserungen für Beschäftigte in Bundeswehrkrankenhäusern

  • Einführung einer Pflegezulage ab 01. März 2021 in Höhe von monatlich 70 Euro, die Pflegezulage wird zum 01. März 2022 auf 120 Euro erhöht. Ab dem 01. Januar 2023 nimmt die Pflegezulage an allgemeinen Entgelterhöhungen teil.
  • Erhöhung der Wechselschichtzulage ab 01. März 2021 von 105 Euro monatlich auf 155 Euro monatlich. Die Zulage für Beschäftigte, die ständig Wechselschicht leisten, wird ab dem 01. März 2021 von 0,63 Euro pro Stunde auf 0,93 Euro pro Stunde erhöht.
  • Der Samstagszuschlag wird auf 20 v.H. erhöht.

Zu den weiteren Verhandlungsergebnissen für die Kommunalbeschäftigten zählen:

  • die Reduzierung der Arbeitszeit bei ostdeutschen Kommunen auf das Arbeitszeitniveau im Westen,
  • die Erhöhung der Jahressonderzahlung für die Entgeltgruppen 1 bis 8 bei Beschäftigten in den Kommunen ab 2022 auf insgesamt 85,51% (bei den Beschäftigten des Bundes beträgt sie bereits 90%).
  • Veränderungen bei der leistungsorientierten Bezahlung für die Kommunalbeschäftigten. Künftig soll - Dienstvereinbarung vorausgesetzt - aus den Mitteln für die leistungsorientierte Bezahlung für die Kommunalbeschäftigten auch das Leasing eines sog. Jobrades mittels Entgeltumwandlung möglich sein. Das Leasing eines Jobrades mittels Entgeltumwandlung wird innerhalb der ver.di strittig diskutiert, weil die große Gefahr besteht, dass die Arbeitnehmer*innen bei dem Jobrad-Modell draufzahlen. Für die kommunalen Arbeitgeber hatte dieses Thema jedoch einen großen Stellenwert - daher wurde hier die tarifvertragliche Möglichkeit für betriebliche Vereinbarungen zwischen Personalräten und Dienststellenleiter*inen vereinbart. Für den Bereich des Bundes haben Arbeitgeber und ver.di darauf verzichtet.

Bundesinnenminister sagt Übertragung auf Beamt*innenbesoldung beim Bund zu!

Die Tarifverhandlungen sind beendet. Bundesinnenminister Seehofer hat ver.di noch am Verhandlungsort die wirkungsgleiche Übertragung des Abschlusses auf die Beamt*innenbesoldung zugesagt. Wie die prozentualen Tariferhöhungen zum 1.4.2021 und zum 1.4.2022 und insbesondere der Mindestbetrag auf die Beamt*innenbesoldung übertragen wird ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. ver.di wird darüber wachen, dass es hier keine Abstriche gegenüber dem Tarifergebnis gibt. Die Corona-Sonderprämie ist ebenfalls wirkungsgleich auf die Bundesbeamt*innen zu übertragen.

Wochenarbeitszeit der Bundesbeamt*innen – ver.di bleibt dran

Zur Angleichung der Wochenarbeitszeit der Bundesbeamt*innen an die tarifliche Arbeitszeit konnte keine Einigung erzielt werden. Für uns gilt nach wie vor: „Zeitumstellung jetzt!“ Der Durchbruch bei der Angleichung Ost an West in den Kommunen könnte auch ein Vorbild für den Bund sein. Beim Thema Wochenarbeitszeit bleibt ver.di dran! In den folgenden Wochen brauchen wir weiter Eure Unterstützung! Wir müssen gemeinsam Stärke zeigen. Die Besoldungsrunde ist erst dann beendet, wenn der Bundestag die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses beschlossen hat. Und bei der Wochenarbeitszeit besteht unser Ziel in einem verbindlichen Stufenplan zur Angleichung.

Jetzt seid ihr gefragt!

Dieses Ergebnis, das in norma­len Zeiten sicherlich anders ausgesehen hätte, war nur möglich, weil wir uns weder von den Arbeitgebern, noch von der Pandemie haben kirre machen lassen. Die Bundes­tarifkommission hat die Tarif­einigung mit großer Mehrheit zur Annahme empfohlen. Die Erklärungfrist läuft bis 26. November 2020. Wir wollen bis dahin mit euch das Ergebnis diskutieren. Nutzt auch ihr diese Gelegenheit, um mit euren Kolleginnen und Kollegen – sei es persönlich in Betrieb oder Dienststelle oder sei es virtuell – den unter besonderen Bedingungen erreichten Abschluss zu diskutieren. Wir haben gemeinsam etwas erreicht und gemeinsames Engagement und Solidarität sind erst recht in der Pandemie wichtig.